Von der Neurochirurgie über die Lungen- bis hin zur Schwerstverbranntenintensivstation
Die Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie bietet umfassende Lerninhalte
Diese Fachweiterbildung hat Tradition: Was bei den Kliniken Köln in den 1980er Jahren in Merheim als selbstorganisierte Lerngruppe zum Thema „Intensivpflege“ begann, hat sich inzwischen zur zweijährigen Fachweiterbildung mit zwölf Lernschwerpunkten, sogenannten Modulen, weiterentwickelt. Felix Nühlen ist seit 2018 Kursleiter und steht im kontinuierlichen Austausch mit den Teilnehmenden. Eine von ihnen ist Krankenschwester und Praxisanleiterin Nadine Kroll, die sich vor knapp eineinhalb Jahren dem Abenteuer Fachweiterbildung stellte.
Das Spektrum an Intensivstationen bei den Kliniken Köln ist groß: Beginnend bei der Operativen Intensivstation (OITS) über die Neurologische -, Internistische – (Schwerpunkte: Kardiologie und Nephrologie) bis hin zur Schwerstverbrannten- und Lungenintensivstation (LUITS) reicht das Versorgungsangebot für Patientinnen und Patienten; hinzu kommen die Intensivstation I0 in Holweide und die Operative Intermediate Care Station (die Intensivüberwachungsstation OIMC) sowie zwei ausdifferenzierte Anästhesiebereiche und das Traumazentrum. Um diesem breitgefächerten Pflegeanspruch auch weiterhin gerecht werden zu können, bieten die Kliniken Köln für interne und externe Teilnehmer die Fachweiterbildung „Intensivpflege und Anästhesie“ an. Sie richtet sich an alle Gesundheits- und Krankenpfleger/ Krankenpflegerinnen, auch aus dem pädiatrischen Bereich: Hierfür haben die Klinken Köln eine Kooperation mit der Uniklinik Düsseldorf geschlossen. Dringend empfohlen wird die mindestens einjährige Berufserfahrung in der Intensiv- oder Anästhesiepflege.
Im Laufe der 24-monatigen Fachweiterbildung rotieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf verschiedenen Stationen, um das Wissen aus der Theorie in den unterschiedlichen Bereichen umzusetzen. Vorgeschrieben sind 2100 Stunden praktische Weiterbildungszeit in zwei Jahren Fachweiterbildung, von denen die Teilnehmenden jeweils 400 Mindeststunden im internistischen, chirurgischen und anästhesiologischen Bereich gearbeitet haben müssen. Bis die erste Rotation beginnt, bleiben die Teilnehmer in ihren jeweiligen Heimatabteilungen. Felix Nühlen betont: „Der Theorie-Praxis-Transfer funktioniert mit diesem Ansatz gut, denn die Teilnehmenden arbeiten im Schnitt vier Monate auf einer Station. Bei der Erstellung des individuellen Rotationsplans achten wir darauf, dass niemand auf einer Station eingesetzt wird, auf der er oder sie nicht arbeiten möchte. Denn man muss verstehen: Intensivstation ist nicht gleichbedeutend mit Intensivstation. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Pflege von schwerstverbrannten Patienten, die von einigen Teilnehmenden als extrem belastend empfunden wird. Ist dies der Fall, klammern wir die Schwerstverbranntenintensivstation für die jeweilige Person im Rotationsplan aus.“
Tiefes Verständnis für den Menschen – von Kopf bis Fuß
Nadine Kroll, die sich ab Januar 2022 im letzten Viertel des aktuellen Kurses befindet, sieht in den Stationswechseln einen klaren Vorteil: „Durch die Vielzahl an intensivpflegerischen Fachbereichen und die Arbeit auf den unterschiedlichen Stationen ist man in der Lage, den Menschen im Ganzen zu verstehen und vermitteltes Wissen umgehend anzuwenden und zu vertiefen.“ Die Ausbildungsinhalte werden durch eine Vielzahl an Dozentinnen und Dozenten aus Pflege und Medizin vermittelt; neben Mitarbeitenden der Kliniken Köln sind das auch externe Spezialisten, wie beispielsweise fachweitergebildete Pflegefachkräfte, die die erfolgreiche und anschauliche Vermittlung von Lerninhalten ebenfalls übernehmen. In zwei Jahren durchlaufen Nadine Kroll und ihre Kurskolleginnen und -kollegen zwölf Module aus vier Lernbereichen mit verschiedenen Schwerpunkten. „Es gibt einen eher faktenorientierten Lernbereich, in dem es um die Versorgung der Patienten sowie die genaue Analyse der Vitalparameter geht: Atmung, Herzkreislauf, Bewusstsein und Ernährung des Patienten spielen hier eine große Rolle. Wie bewege ich die intensivpflichtigen Patienten und mit welchen Hilfsmitteln gelingt es? Dies ist zum Beispiel bei der Lagerung von Patienten mit schweren Verbrennungen essentiell, also immer dann, wenn bestimmte Körperareale nicht mehr intakt sind“, erklärt Felix Nühlen. In den weiteren Lernbereichen geht es darum, wie erworbenes Wissen in der Einarbeitung von bspw. neuen Kollegen vermittelt werden kann sowie um wissenschaftlich-orientiertes Arbeiten. Denn das Ziel ist es, die Teilnehmenden dahingehend zu befähigen, sich auch nach der Weiterbildung selbstständig auf dem aktuellen Stand zu halten und einschlägiges Wissen zu recherchieren – denn die Halbwertszeit des Wissens ist im medizinisch bzw. pflegerischen Bereich gering.
Demut und Respekt
Fragt man Nadine Kroll nach ihren persönlichen Erfahrungen, fasst sie diese wie folgt zusammen: „Demut und Respekt sind die zwei wesentlichen Werte, die ich während der Rotationen auf den verschiedenen Intensivstationen nochmal besonders verinnerlicht habe. Vor allem der Einsatz auf der Operativen Intensivstation (OITS) war prägend: Patienten mit inneren Verletzungen des Kopfes, die beispielsweise durch Hirnblutungen oder Traumata entstehen können, haben mich sehr berührt. Es ist eine Kunst, einen intensivpflichtigen Patienten bzw. Patientin so zu behandeln, dass er oder sie keine zusätzlichen Defizite davonträgt. Mein Ziel ist es, sie durch meine Arbeit – darunter fallen das Lagerungsmanagement, Wund- oder Medikationsmanagement, stabil zu halten. Diese Dankbarkeit am eigenen Leib zu erfahren - sofern die Patienten ansprechbar waren, hat mich sehr bewegt.“ Das eine Weiterbildungs-Highlight habe es nicht gegeben, erzählt Nadine Kroll weiter. Dafür aber umso mehr kleine Lichtblicke, die sie größtenteils im Umgang mit ihren Patienten erlebt hat. Auch praktische Einheiten wie das Notfallsimulationstraining, bei dem Notfälle von der Lungenembolie bis zur Sekretverlegung der Atemwege, zum Beispiel infolge des Einatmens von Flüssigkeit, in der Anästhesie durchgespielt und im Anschluss gemeinsam besprochen werden, blickt Nadine Kroll positiv entgegen. „Man verliert die Scheuklappen und erweitert seinen Horizont. Ich fühle mich im Rahmen der Weiterbildung zusehends in der Lage, Prozesse zu optimieren, zum Beispiel bei der Einarbeitung zur Beatmung. Mein Wissen um das mechanische Prinzip der Beatmungsmaschine, den Umgang mit dem Tubus oder rund um die Mundpflege von beatmeten Patienten konnte ich deutlich vertiefen und verstehe nun die Beatmung als Ganzes. Ich kann bestimmte Werte viel genauer einschätzen und in Zusammenhang bringen – zum Beispiel, was die Oxygenierung, also den Gasaustausch in der Lunge und die Sauerstoffanreicherung im Blut angeht. Der Wert, der dies bezeichnet ist der sogenannte Horovitz Index. Dieses fundierte Wissen möchte ich nun auch in meine Einarbeitungen für neue Mitarbeitende weitergeben.“
Vorteile der absolvierten Fachweiterbildung
„Das Pensum ist auch mit einschlägiger Berufserfahrung nicht zu unterschätzen, denn die Fachweiterbildung findet zusätzlich zum Arbeitsalltag statt – ein gewisses Maß an Durchhaltevermögen und Disziplin ist also nötig“, fasst Nadine Kroll zusammen. Dennoch lohnen sich die Anstrengungen: Nach Absolvieren der insgesamt zwölf Prüfungen (pro Modul eine), verfügen Teilnehmende über eine deutschlandweit anerkannte Fachweiterbildung, die sie zudem für einen Fachhochschulzugang berechtigt. Und auch in finanzielle Hinsicht tut sich etwas: Im Rahmen des Tarifvertrages steigen Pflegekräfte automatisch in die höhere Stufe auf. Auch um Anerkennung geht es: „Ich bin seit zehn Jahren Praxisanleiterin in der grundständigen Pflegeausbildung – die praktischen Prüfungen in der Intensivpflege durfte ich allerdings bislang nicht abnehmen. Nach der abgeschlossenen Fachweiterbildung ist das keine Hürde mehr“, betont Nadine Kroll. Hervorzuheben ist auch, dass die Fachweiterbildung trotz pandemischer Lage und damit einhergehender Doppelbelastung weiter angeboten werden konnte – natürlich unter Einhaltung sämtlicher Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen. „Der solide Ablauf hängt neben dem starken Auftritt aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch damit zusammen, dass es uns gelungen ist, insbesondere im theoretischen Teil auf digitales Lernen und Online-Formate umzustellen“, so Felix Nühlen. Und von diesem eindrucksvollen Auftritt in der Fachweiterbildung wird auch im Pflegealltag vieles direkt umgesetzt, stellt Nadine Kroll fest: „Durch die Fachweiterbildung bin ich wieder sensibilisiert; in der direkten Patientenversorgung kann ich deutlich intensiver auf den Menschen eingehen sowie Ruhe und Verständnis in die Versorgung mit hineinbringen. Denn neben all meinem ausgebauten technischen und pflegerischen Fachwissen leistet auch die Mitmenschlichkeit einen nicht unerheblichen Anteil an der Genesung - das dürfen wir nicht vergessen.“
(cb)